Museumsbrief Nr. 26, 1/2018 Mineralwasserquellen im unteren Lüttertal

Von: Dipl.- Geologin Anna Leonhard
auf 08 April 2018

Mineralwasserquellen im unteren Lüttertal

Diplom- Geologin Anna Leonhard - 2018

Abb.1 komprimiert

Abb. 1:  Links im Bild: eine Quellfassung im Lüttertal.

 

Die Quellen im unteren Lüttertal erlebten durch die Menschen eine spannende Entwicklungsgeschichte. Sie liefern seit Jahrhunderten nicht nur das Mineralwasser, das inzwischen weit bekannt ist, sondern sie sind zu einem starken Wirtschafts-, Job- und Entwicklungsmotor in der Rhön geworden.

Was ist Mineralwasser?  

Die deutsche Mineral- und Tafelwasser Verordnung (1) definiert natürliches Mineralwasser als ein Wasser aus einer unterirdischen Quelle von natürlicher Reinheit, die durch besondere Bestandteile wie Mineralien und Spurenelemente gekennzeichnet sein kann.

Früher hat man die Mineralwasserquellen als „Sauerbrunnen“ (Abb. 2) und das „bitzel“-haltige Wasser als „Sauerwasser“ bezeichnet. Charakteristisch für dieses Mineralwasser ist ein natürlicher Kohlendioxidgehalt von mindestens 250 mg pro kg Wasser. Volkstümlich wird es noch heute „Säuerling“ genannt (2).

Die gelösten Stoffe sind im Allgemeinen Chloride und Sulfate sowie die Hydrogencarbonatverbindungen von Na, Ca, Mg, Fe und Al (2).

Heute werden Mineralwasserquellen amtlich aufgenommen und müssen anerkannt werden. Laut Bekanntmachung (BVL 2015/01/003) des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit vom 20. Februar 2015 (3) bezüglich der in der Bundesrepublik Deutschland amtlich anerkannten natürlichen Mineralwässer gibt es in Deutschland derzeit 820 anerkannte Mineralwasserquellen.

Abb. 2
Abb. 2: Ein Ausschnitt aus der topographischen  Karte zwischen Lütter und Weikardshof mit einigen Brunnen. 

 

 Eine Quelle und ein Brunnen 

Eine Quelle ist „ein örtlich begrenzter, natürlicher Grundwasseraustritt“ (2).

Das Entstehen von Quellen ist abhängig vom geologischen Untergrund.

Aufgrund der Entstehung (2) werden folgende Quellentypen unterschieden:

-  Schichtquellen

-  Überfall- oder Überlaufquellen

-   Stauquellen

-   Spalten- und Kluftquellen

-   Verwerfungsquellen

-   Karstquellen

-   Schuttquellen.     

Die Quellen können auch wegen ihrer weiteren Eigenschaften unterteilt und bezeichnet werden. Die Kriterien hierfür können u.a. die Schüttungsmenge, die chemische Zusammensetzung und die Temperatur des Wassers sein. Eine eindeutige Quellentypeneinteilung ist vermutlich auch schwierig. Die verschiedenen Merkmale der Quellen führen zwar zu zahlreichen Gesichtspunkten und Klassifizierungsmöglichkeiten, und darin liegt die Schwierigkeit bei der Einteilung. Eine einzige Quelle kann unter verschiedenen Aspekten betrachtet und durch eine Vielzahl von Eigenschaften charakterisiert werden. 

Ein Brunnen ist ein Bauwerk zur Wassergewinnung.

Auch eine Quelle kann gefasst und mit Rohren ausgebaut werden; dabei entsteht ein Brunnen. Im Lüttertal sind es inzwischen ca. 30 aufgelistete Brunnen.

Abb. 3

Abb. 3: Bild links - ein Straßenschild in Lütter-Memlos. „Am Sauerbrunnen“ als geschichtlicher Hinweis.

 

Noch in der Mitte des 20. Jahrhunderts verfügte fast jedes Anwesen oder jeder Bauernhof über eigene Brunnen, teilweise im Keller des Hauses. Heutzutage sind alle Gebäude an die örtliche Wasserversorgung angeschlossen und die eigenen Brunnen haben ihre Funktion verloren. In vielen historischen und restaurierten Anwesen sind die alten Brunnen erhalten und noch zu sehen.

Geologische Voraussetzungen

Die Rhön ist ein Mittelgebirge in Deutschland, das während der variszischen Gebirgsbildung seinen Anfang fand. Die Rhön-Spessart-Odenwald- Schwelle gehört zur deutschen Kristallinschwelle des Variszischen Gebirges. Während dieser Gebirgsbildungsperiode, die auch zur Entstehung von Mitteleuropa führte und vor ca. 300 Millionen Jahren stattfand, bildeten sich im Gestein zahlreiche  Verwerfungen, Spalten und Klüfte. Sie wurden im weiteren Verlauf der Geschichte während der alpidischen Gebirgsbildung und verstärkt durch den tertiären Vulkanismus vor ca. 25 Millionen Jahren erneut aktiviert. Dabei wurden auch neue tektonische Strukturen gebildet.

Abb. 4

Abb. 4: Auschnitt aus der „Geologischen Übersichtskarte der Rhön“ von H.Bücking, Berlin 1914 – zwischen Schmalnau und Dipperz.

 

Der Auschnitt  aus der „Geologischen Übersichtskarte der Rhön“ von H.Bücking, aus dem Jahr 1914 ( Abb. 4) zeigt das Gebiet zwischen Lütter, Weyhers und Dietershausen. In der rechten oberen Hälfte ist der Friesenhausen-Graben durch die Farben Lila und Ocker, die die Gesteine des Muschelkalks und des Keupers darstellen, zu erkennen.

Abb. 5

Abb. 5: Das Profil H durch den Keupergraben bei Friesenhausen aus dem „Geologischen Führer durch die Rhön“ von Dr. H. Bücking aus dem Jahr 1916 (4).

 

Die Grabenzone (Abb. 4 und 5) kann frühestens nach der Ablagerung der Keuper-Sedimente vor ca. 200 Millionen Jahren entstanden sein.  H. Bücking vermutete, dass die Grabenstruktur sich weiter nach Süden in Richtung Motten und weiterhin nach Bad Brückenau fortsetzt.

Eine bedeutende Quelle – die Haunequelle – entspringt ebenfalls in der Umgebung des Friesenhäuser Grabens.

In diesem Grabengebiet zwischen Lütter-Memlos und dem Weikardshof liegen die Brunnen der Unternehmen Förstina-Sprudel Mineral- und Heilquelle, Ehrhardt & Sohn GmbH & Co, Eichenzell-Lütter, und der MineralBrunnen RhönSprudel Egon Schindel GmbH, Ebersburg-Weyhers.

Förstina-Sprudel Mineral- und Heilquelle, Ehrhardt & Sohn GmbH & Co, Eichenzell-Lütter

Das Unternehmen Mineral- und Heilbrunnen Förstina wurde von Elisabeth und Justus Ehrhardt  im Jahr 1928 gegründet (5). Das abgefüllte Wasser wurde nach Neuhof transportiert und dort verkauft. Ende der fünfziger Jahre verlegte Rudolf Ehrhardt den Firmensitz nach Lütter und plante die weitere Entwicklung der Firma.

„1957 wurde die Mineralquelle von der Firma Elisabeth Ehrhardt und Sohn erworben“ - schrieb Franz Rupprecht (6) am Samstag, den 8. Mai 1982, in dem Regional- und Lokalteil einer Zeitung (Nummer 106 – Seite 20).

Dieser Artikel wurde anlässlich eines „historischen“ Fundes am Gelände der damaligen Firma „Förstina-Mineralsprudel“ verfasst. Bei den Bauarbeiten wurde der alte Memloser Sauerbrunnen wiederendeckt. Memlos soll im 17. Jahrhundert ein Bade- und Kurort gewesen sein, der von Fürstäbten aus Fulda benutzt wurde (6). Beim Bau der Bahnstrecke Fulda-Gersfeld fand man 1886 auf einem Acker die Reste eines Badehauses und eines gewölbten Kellers.

Bei einer Bohrung im Jahr 1976 wurde ein Wasser mit besonderen Inhaltsstoffen gefunden. Nach der Untersuchung stellte sich heraus, dass das Wasser die Eigenschaften eines Heilwassers besitzt.

Abb. 6

Abb. 6: St. Maria-Brunnen vor dem Tor der Firma Förstina-Sprudel in Lütter-Memlos.

 

Abb. 7 komprimiert

Abb.7: eine Tafel am Brunnen mit dem Text „Memloser Sauerbrunnen seit dem 12. Jahrhundert“.

 

Das Förstina St. Maria-Brunnen Heilwasser (Abb.6) wird als „ein fluoridhaltiger Calcium-Hydrogencarbonat-Sulfat-Säuerling“ bezeichnet und durch den hohen Gehalt an Calcium bei Osteoporose angewendet. Das Heilwasser enthält über 1000 mg pro Liter an natürlicher Kohlensäure; ihre Mineralstoffe stammen aus den Schichten des Muschelkalks. Durch die Sedimente des Keupers ist das Mineralwasser der Marke „Premium“ geflossen. Die Marke „Eichenzeller“ entstammt den Buntsandsteinschichten.

Über die Jahre wurden weitere Brunnen gebohrt. Im Jahr 1982 nutzte die Firma insgesamt 7 Brunnen (5,6).

Förstina-Sprudel beschäftigt heute ca. 360 Menschen und befüllt mit den 5 Anlagen in der Stunde ca. 180000 Flaschen mit Mineralwasser, Heilwasser und einer Vielzahl an weiteren Getränken auf der Basis von Mineralwasser (5).

MineralBrunnen RhönSprudel Egon Schindel GmbH, Ebersburg-Weyhers

Die Geschichte des Unternehmens begann im Jahr 1781, als Georg Ignazius Weikard die Quelle in Weyhers für die russische Zarin Katharina II fassen ließ (7 und Abb. 7). Durch die Verluste auf Grund der Schließung der Fuldaer-Porzellanmanufaktur (kein regionaler Rohstoff mehr vorhanden) musste Weikard das Anwesen verkaufen.

Im Jahr 1818  wurden eine Kurbadeanstalt und eine Gastwirtschaft  vor Ort betrieben.

Die Besitzer wechselten, bis 1911 Phillip Schindel den Brunnen erwarb und das Familienunternehmen gründete, das heute von seinem Enkel Egon Schindel geleitet wird.

Der Name „RhönSprudel“ wurde schon 1895 beim Patentamt eingetragen.

Abb. 9

Abb. 8: Ein Ausschnitt der Seite 24 aus dem Buch „Mineralwasser. Portrait eines mittelständischen Familien - Unternehmens“(7).

 

Im Jahr 2009 konnte die Firma RhönSprudel auf ca. 20 Mineralwasserbrunnen zugreifen (7). Das kristallklare Wasser stammt aus den Tiefen von bis zu 370 m und soll über 60 Jahre alt sein.

Heute greift das Unternehmen auf 18 Mineralwasserbrunnen und 2 Trinkwasserbrunnen zu (8). Die Firma bietet ca. 300 Menschen einen Arbeitsplatz und befüllt mit 5 Anlagen ca. 145000 Flaschen in der Stunde. Neben der Abfüllung von Mineralwasser werden Fruchtsaftschorlen, isotonische Sportgetränke und Biolimonade hergestellt.

Quellen als Geotope 

Quellen als natürliche Wasseraustritte werden seit den 90iger Jahren des vergangenen Jahrhunderts zu den Geotopen gezählt. Eine Arbeitsgruppe der Staatlichen Geologischen Dienste in Deutschland hat 1996 die Bezeichnung „Geotope“ definiert als: „erdgeschichtliche Bildungen der unbelebten Natur, die Erkenntnisse über die Entwicklung der Erde oder des Lebens vermitteln. Sie umfassen Aufschlüsse von Gesteinen, Böden, Mineralien und Fossilien sowie einzelne Naturschöpfungen und natürliche Landschaftsteile“ (9). Dabei werden  Quellen und u.a. Höhlen zu den Naturschöpfungen gezählt.

Die Quellen liefern uns das Wasser – eins der wichtigsten Elemente für das Leben.

Ohne Wasser kann kein Leben existieren; wir Menschen, die Tiere und auch die Pflanzen benötigen das Wasser zum Leben.

Viele Menschen unserer Welt müssen ohne sauberes Wasser auskommen. Umso wichtiger soll für uns der Schutz dieser Ressource sein.

Durch die intensive Landwirtschaft haben wir bereits in Deutschland und weltweit ein großes Problem mit der Verunreinigung des Wassers mit Rückständen aus der chemischen Pflanzenbehandlung und durch intensive Gülleausbringung der Nitratverseuchung des Grundwassers.

Damit droht auch die  Kontamination der Mineralwasserquellen.


 

Literaturverzeichnis:Deutsche Mineral- und Tafelwasser-Verordnung vom 01. August 1984 (BGBl. I, S 1036) i.d.F. v. 22. Oktober 2014

  1. Geologisches Wörterbuch von H. Murawski, W. Meyer, 2010, 12. überarbeitete Auflage, Spektrum Akademischer Verlag Heidelberg
  2. Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit – die Bekanntmachung der in der Bundesrepublik Deutschland amtlich anerkannten natürlichen Mineralwässer (BVL 2015/01/003) vom 20. Februar 2015
  3. „Geologischer Führer durch die Rhön“ von Dr. H. Bücking aus dem Jahr 1916
  4. Internet-Auftritt der Firma Förstina-Sprudel Mineral- und Heilquelle, Ehrhardt & Sohn GmbH & Co, Eichenzell – Lütter
  5. schrieb Franz Rupprecht am Samstag, den 8. Mai 1982 in dem Regional und Lokal Teil einer Zeitung (Nummer 106 – Seite 20)
  6. Mineralwasser. Portrait eines mittelständischen Familien - Unternehmens. Wissenswertes über Wasser und Mineralwasser. MineralBrunnen RhönSprudel GmbH durch Gabriele Nitz, Egon Schindel, Dr. Manfred Ziegler, 2009, ISBN 978-386568-568-1
  7. Internet-Auftritt der Firma  MineralBrunnen RhönSprudel GmbH, Ebersburg-Weyhers
  8. „Geotope in Hessen“ - ein Faltblatt des Hessischen Landesamtes für Umwelt und Geologie, Wiesbaden4

Verfasser und Bilder: 

Anna Leonhard, Dipl.-Geologin,

Hauseller 5, 36125 Eichenzell


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