Museumsbrief Nr. 20/21, 2/2013 und 1/2014, Ton aus Abtsroda

Von: Walter Kömpel
auf 17 Juni 2013

Ton aus Abtsroda - weißes Gold der Rhön

Walter Kömpel - 2013

Ton aus Abtsroda

In den Museumsbriefen  Nr. 18 und 19 wurden die geologischen Verhältnisse in der Tongrube von Abtsroda dargelegt und die Bedeutung des Kaolinstollens von Abtsroda für den Arterhalt vom Aussterben bedrohter Fledermäuse als regional bedeutsames Überwinterungsquartier belegt. Letzteres war  aber nicht der Grund, weshalb das Bergwerk, dessen Anfänge auf  1783 zurückgehen, überhaupt angelegt wurde. Dieser Frage geht die Doppelausgabe dieses Museumsbriefes nach. Der Zugang zu dem alten Kaolinstollen befindet sich am Ostrand von Abtsroda links am Ende der Brunngrabenstrasse unterhalb   des   aufgelassenen   Kalksteinbruchs. Der Stollenmund ist heute mit einem Gitter verschlossen, um den Fledermäusen einen ungestörten Winterschlaf zu garantieren. Das in dem Stollen gewonnene Kaolin wurde  an die Fuldaer Porzellanmanufaktur und an die Krugbäckereien in Römershag und in Oberbach geliefert. Walter Kömpel hat in historischen Quellen recherchiert und bemerkenswerte Fakten herausgefunden. Der auch optisch sehr schön gestaltete Aufsatz wird wegen seines Umfangs als Doppelausgabe des  Museumsbriefs herausgegeben.

Viel Freude beim Lesen!

                    Der Herausgeber

Abb 1
Abb. 1: Der Kaolinstollen von Abtsroda heute (Foto: Martin Wittig)

 


Ton aus Abtsroda - weißes Gold der Rhön

Die Krugbäckerei in Römershag

Im Jahr 1747 wurde in der Nähe von Brückenau eine Mineralquelle wieder entdeckt. Daraufhin wollte man, wie in anderen Kurorten schon üblich, das Heilwasser in Krüge abfüllen und darin versenden. Im zwei Kilometer von Brückenau entfernten Römershag entstand eine gegenüber dem Schloss gelegene Produktionsstätte mit Wohnhaus. Fürstabt Amand von Buseck berief nach deren Fertigstellung die Krugbäcker Egidius Gerhard, Mathias Egid Gerhard, Johann Peter Gerhard und Winimar Gerhard. Die ebenfalls angeworbenen Peter Knötgen und Jakob Blum verließen Römershag nach kurzer Zeit, Servatius Günther und Wilhelm Wingeter rückten nach. Die Brückenauer Amtsrechnung aus dem Jahr 1751 gibt einen Einblick über das Krugbäckerwerk (1). Das Krughaus hatte vier Brennöfen, Holz-, Krug-, und Erdschoppen (Schuppen). Weiterhin gehörten ein Wohnhaus für drei Familien und eine Pochmühle zur Produktionsstätte. Holz gab es in den umliegenden Wäldern genügend. Der Ton kam aus Abtsroda. In den Anfangsjahren musste dieser selbst gegraben werden. Erst nach Errichtung der Porzellanfabrik in Fulda wurde ein Tongräber angestellt. Das zum Glasieren benötigte Salz wurde aus Bad Nauheim bezogen. Die Krugbäcker erlebten gute, aber auch viele schlechte Jahre. Kaspar Gartenhof schreibt, die Römershager Brennöfen seien in den 1880er Jahren für immer erloschen.

Die Oberbacher Krugbäckerei

Nachdem man in Römershag schon fast 20 Jahre Krüge und Gebrauchsgeschirr aus Ton hergestellt hatte, berief im Jahr 1767 der Würzburger Fürstbischof Adam Friedrich von Seinsheim die Krugbäcker Peter Girz alt, Johann Heinrich Girz und Wilhelm Willms nach Oberbach, um mit der Fertigung von Steinkrügen zu beginnen. Die Gesamtkosten für die Errichtung dieser Stätte inklusive Brennöfen beliefen sich auf 3276 Gulden. Das Werk wurde im Weiler Eckartsroth errichtet. In unmittelbarer Nähe war noch eine Glashütte in Betrieb. In der einen halben Kilometer entfernten Pochmühle (Scheubenmühle) wurde der Ton bearbeitet. Immer wieder gab es Probleme bei der Herstellung aufgrund der schlechten Qualität des Tons. Immer wieder mussten sich die Krugbäcker Geld ausleihen, um die Fertigung aufrecht zu erhalten. Wilhelm Willms verpfändete sein ganzes Vermögen inklusive Hausrat und musste schließlich Bankrott anmelden. Auch die Oberbacher Krugbäcker konnten sich nicht auf Dauer halten. Anfangs des 20. Jahrhunderts brach auch dieses Gewerbe vollends ein. Nur noch wenig Relikte erinnern an die Blütezeit dieses Handwerks, das vielen Generationen das tägliche Brot einbrachte.

Abb 2
Abb.2: Wasserflaschen aus Oberbach

 

Die Steingutröhrenfabrik in Bischofsheim

Im Jahr 1850 erwarb der Oberbacher Anton Girz die Hammermühle in Bischofsheim und errichtete eine Steingutröhrenfabrik. Er produzierte Wasserleitungsrohre, Drainagerohre, Siebe, feuerfeste Kamine, Abtrittsröhren und andere Gegenstände. In einer Danksagung in der Saale-Zeitung aus dem Jahr 1877 bedankte sich der Neuglashüttner Gemeinderat bei den Herren Girz für die im Jahr 1871 verlegten Wasserleitungsrohre (2). Etwaige Beanstandungen sind nicht überliefert. Im Jahr 1903 stellte Ludwig Girz einen Antrag zur Errichtung eines zweiten Brennofens für das Werk in Bischofsheim. Der Brückenauer Anzeiger berichtet 1907, die Wasserleitungsrohre zeichneten sich durch große Druckfestigkeit aus und fänden überall Anklang. Sie wurden in den Städten Würzburg, Nürnberg, Fulda, Aschaffenburg, Frankfurt, Offenbach, selbst nach Württemberg und im Rheingebiet verlegt.

Im August 1907 blickte das Familienunternehmen auf 50 Jahre Firmengründung zurück (3). Anfangs des 20. Jahrhunderts wurde der Betrieb eingestellt. Im Brückenauer Anzeiger Nr. 145 v. 14.12.1909 fand sich eine Veröffentlichung, mit einer Mitteilung, dass das Konkursverfahren eröffnet wurde. In Bischofsheim hatte es aber schon zuvor das Häfnerhandwerk gegeben. Die Häfner unterlagen einer Zunftordnung; über eine Zunftordnung der Krugbäcker ist nichts bekannt.

 Abb 3
Abb.3: In vielen Dörfern der Rhön (u.a. in Oberbach, Neuglashütten, Werberg, um nur einige zu nennen) fanden die Tonrohre Anklang und lösten die hölzernen, aus Erlenholz hergestellten Wasserrohre ab.

 

Die Tongrube zu Abtsroda

Eine Rechnung des Königlichen Rentamtes Motten für das Rechnungsjahr 1816/17 gibt Aufschluss über die Erdenrechnung der Thongrube bey Abtsroda. Als Erde wurde der weiße Ton bezeichnet (4).

Die herrschaftlichen Krügbäcker Silvester Gerhard und Wittib (Witwe) Kurzelius von Römershag erhalten das zum Bedarf der für den herrschaftl. Curort zu Brueckenau nöthigen Krüge erforderliche weiße Erde.

Für die Herstellung von 100 (Stück) Krügen wurden 4,5 Zentner Erde veranschlagt. Der Grabeslohn betrug 6 Kreuzer pro Zentner Ton. Der für den Eigenbedarf verwendete Ton kostete die Krugbäcker 20 Kreuzer. In einem Dekret des Fürstlichen Oranien Nassauischen Oberfinanzcollegs erhielt Daniel Gerhard zu Römershag 90 Zentner weißen Ton. Ferner musste Gerhard 25 Gulden Pachtgeld für die Benutzung des herrschaftlichen Brennofens und Holzschoppen mit inbegriffen entrichten. Den Grabeslohn von 6 Kreuzern pro Zentner musste Gerhard aus eigenen Mitteln tragen.

Abb 4
Abb. 4:  Ausschnitt aus dem Katasterplan um 1850

 

Im besagten Rechnungsjahr wird Kümmel aus Abtsroda als provisorisch angestellter Erdengräber genannt. Kümmel förderte in diesem Jahr insgesamt 204 Zentner Ton. Silvester Gerhard lieferte 1352 Stück Krüge beim Kurort Brückenau ab und erhielt laut Abrechnung insgesamt 65 Zentner Erde; das waren 4 Zentner und 16 Pfund zu viel. Es erfolgte eine Schuldenfortschreibung für das nächste Rechnungsjahr.

Auch die Witwe Kurzelius erhielt 30 Zentner Ton. Eine Lieferung von Krügen an den Kurort erfolgte nicht. Auch ihr wurden die Schulden für das nächste Rechnungsjahr fortgeschrieben. Die Krugbäcker zu Römershag erhielten laut Aussage des Erdengräbers Kümmel keinen Ton für den Privatgebrauch.

Auch Privatleute erhielten Ton aus der Grube. Kümmel meldete an die Obrigkeit folgende Käufer von Ton, und zwar:

Peter Knoll und Andreas Scholl (sie kauften je 2 Zentner á 1 Gulden 30 Kreuzer);

Valtin Krenzer (2 Pfund Erde, das Pfund zu 1 Kreuzer);

Valentin Knoll und Kaspar Krämer (je 1 Zentner Erde zu 1 Gulden 30 Kreuzer).

Das Rentamt verzeichnete eine Einnahme von 9 Gulden 2 Kreuzer.

Abb 5

Abb.5: Tongräber:

Johann Adam Grösch verschied plötzlich im Sommer 1839. Er war 38 Jahre ununterbrochen als "Thongräber" beschäftigt. Die 76jährige Witwe Elisabetha Grösch lebte in ärmlichen Verhältnissen. Ihr Schwiegersohn fragte im Jahr 1840 beim Königlichen Landgericht Weihers nach, ob die Schwiegermutter eine Unterstützung erhalten könne (14).

 

 

Die Verpachtung der Tongrube zu Abtsroda

Laut einer öffentlichen Ausschreibung vom Königliches Baierisches Rentamt Motten vom 29. Mai 1819 sollte die Tongrube zu Abtsroda für mehrere Jahre verpachtet werden (5).

 Abb 6
Abb.6

 

In einer weiteren Ausschreibung im Intelligenzblatt wurde mitgeteilt, dass eine Verpachtung nicht erfolgt sei. Ferner ging man dazu über, anstatt des Pachtschillings von dem Pächter die Ablieferung von Mineralwasserkrügen zu verlangen. Eine neue Tagfahrt wurde für den 6. September 1819 bestimmt. Das Ganze wurde am 21. August 1819 im Intelligenzblatt den Gemeindeoberhäuptern bekannt gegeben. Ob die Grube je verpachtet wurde,  ist nicht bekannt.

Ein altes „Caßabuch des Kaspar Joseph Girz“ (Kassenbuch mit Einnahmen und Ausgaben, beginnend ab 4. Januar 1871) aus Oberbach gibt Einblicke in Kosten des Tongrabens sowie über gezahlte Fuhrlöhne (6).

Seite 300         Erdgräber am 15.01.1871                                              3 Gulden

Seite 303         Erdfuhrlohn „2 Fuhr“ am 28.07.1871                              10 Gulden (fl) 15 Kreuzer (kr)

Seite 307         Auslagen nach Weihers,  25.-29.06 1872                        Kosten nicht seperat erfasst!

(Anmerkung: zuständiges Bezirksamt für Abtsroda)                                                                                                                                    

Es folgen weitere Aufstellungen für gezahlte Erdfuhr- und Erdgräberlöhne. Die Fuhrleute stammten mit höchster Wahrscheinlichkeit aus Oberbach (Kleinhenz, Seufert, Otto Fuß). Teilweise wurde den Fuhrleuten auch Verzehrgeld zusätzlich zum Fuhrlohn gezahlt (Oktober 1872).

Seite 310         Am 27. November 1872 verbuchte Kaspar Joseph Girz eine Einnahme von 200 Gulden für das Thonhaus Abtsroda, u.a. A Girz S. (Anmerkung: Söhne) für Erdrechnung 1868–1871.

Seite 505         Selbst die Krughändler aus Römershag und Oberbach verrechneten offene Schulden mit gelieferten Waren wie folgt:

                      Herrn Eduard Gerhard in Römershag sämtliches gegenseitiges Guthaben mit K. Jos. Girz ausgeglichen samt Sandrechnung Abtsroda durch erhaltene Waren am 13. August 1890.

                      Im Oktober 1893 Abtsröther Sandrechnung ausgeglichen in Oberbach, wovon K. Jos. Girz an Gerhards schuldet 3 Mark 86 Pfennig.

                      Vorstehende Sandrrechnung zu 3,86 Mark ausgeglichen durch geschickte Ware an Eduard Gerhard zum Betrag von 5,40 Mark, hiervon Guthaben ....

Seite 530        Abtsröder Sandrechnung vom 26.10.1881 in Höhe von über 20 Mark.

Am 2. April 1891, (vermerkt ist hier, das sei der Donnerstag nach Ostern gewesen), erhielt Girz einen Wagen Ton von Gersfeld per Schlitten bei 5 Grad Kälte. Selbst der Winter hielt die Lieferungen von Ton nicht auf.

Für die Jahre 1891/1892 sowie 1895 und 1896 sind folgende Eigentümer der Tongrube,  Abtsroda Nr. 32 vermerkt: Johann Baptist Gerhardt aus Römershag sowie die Oberbacher Johann Josef Gierz, Anton Ziegler und Lorenz Ziegler (7).

Erdenhaus Abtsroda

Im Kataster aus dem Jahr 1850 findet sich eine genaue Beschreibung der staatlichen Anlage (8). Das Thonbergwerk befand sich auf Flurnummer 157, bestehend aus Zechenhaus mit Stall, Schachthaus, Thonschoppen, Thonherstellungsgebäude, Backhaus, Brunnen und Hofraum. Die Gesamtfläche der Anlage belief sich auf 406 Dezimalen (Anmerkung: alte Längeneinheit). Das sogenannte Erdenhaus bewohnte im Jahr 1843 eine Familie, bestehend aus drei Personen. Sie besaßen ein Pferd, ein Stück Hornvieh, zwei Schweine, sechs Schafe und 14 Ziegen (9).

Abb 7
Abb. 7: Auszug aus dem Kataster der Steuergemeinde Abtsroda, Hausnummer 32 

 

 

Tonverarbeitung

Auf einer Drehscheibe formten die Krugbäcker ihre Waren. Anschließend wurde die Rohware erst einmal vorgetrocknet. Die Frauen bemalten die hergestellten Erzeugnisse, bevor diese im Ofen gebrannt wurden. Besandete Brennhilfen (Abstandshalter) verhinderten ein Zusammenkleben. Die Ware wurde im begehbaren Brennofen gestapelt. Am Boden befanden sich Lüftungszüge. Nach Einlagerung der zu brennenden Gegenstände wurde der Eingang zugemauert. An der Decke des Ofens waren Schüttlöcher eingelassen, um die Tonwaren zu sintern (Bad Nauheimer Salz wurde während des Brennvorganges eingeschaufelt). Das Sintern brachte die gewünschte Lasur. Viele Krugbäcker und ihre Ehefrauen starben indessen an einer Lungenkrankheit. In Oberbach wurde im Jahr 1863 ein neuer Brennofen errichtet.

Abb 8

Abb. 8: Bauplan Brennofen

(15) Im Jahr 1863 wurde dem Krugfabrikanten Kaspar Girz die Baugenehmigung  erteilt. Es zeigt die Seitenansicht des Vorraums zum Brennofen sowie den Brennofen. Anfang des 20. Jahrhunderts wurde der Brennofen eingelegt. Die Gebäude stehen heute noch.

 

Weitere Tongruben

Hasenhof

Auch hier wurde nach Ton gegraben. Dieser Hof lag in der Nähe des aufgegebenen Dorfes Moor und überstand die Wirren des 17. Jahrhunderts. Dieser Hof ging im Jahr 1816 ein. Hier lag eine herrschaftliche Schänke der Stadt Gersfeld. In früheren Zeiten wurden hier bis zu 2000 Schafe gehalten.

Hemmhauck bei Obernhausen

Diese Grube lag westlich von Obernhausen. Näheres ist nicht bekannt.

Matthesberg bei Wüstensachsen

Diese Tongrube liegt auf derselben Höhe wie die Fuldaquelle. Auf ca. 800 Metern Höhe wurde hier schon seit dem Jahr 1827 nach Ton gegraben. Dieser vorzügliche weiße Ton diente den Krugbäckern von Römershag und Oberbach als Rohmaterial zur Herstellung von Krügen, Geschirr und tönernen Röhren.

Am 15. Juni 1827 wurde im Wirtshaus des Lorenz Leitsch zu Wüstensachsen die Thongrube auf dem Matthesberg öffentlich versteigert. Es wird vermerkt, dass die Grube den nötigen blauen Ton für die Krugbäcker sowie den weißen Ton für die Weißgerber liefert (12).

Vertrieb der Ware

Der Absatz der produzierten Wasserflaschen war für die Oberbacher und Römershager Krugbäcker durch Verträge gesichert. Schwieriger wurde die Situation, als Zölle aufkamen und somit die Flaschen zu teuer wurden. Immer wieder wurde auch die Qualität der Flaschen bemängelt. Schließlich hielten Glasflaschen Einzug und die Krugbäcker waren gezwungen, ihre Produktion komplett umzustellen.

Abb 9
Abb.9: Gebrauchsgeschirr

 

Bereits zu Zeiten der Flaschenherstellung produzierten die Krugbäcker Gebrauchsgegenstände. Für den Ton mussten sie einen höheren Preis zahlen. Der Preis für einen Zentner lag im Rechnungsjahr 1818 bei 20 Kreuzer! Die Kirchenbücher vor 1804 geben kaum Aufschluss über die Berufsausübung des Familienoberhauptes (10). Gewiss waren auch in dieser Zeit Händler damit beschäftigt, die produzierten Waren gewinnbringend zu veräußern.

Ein Eintrag im Januar 1802 zeigt, dass ein Magnus Leipold als Steinguthändler tätig war. Es herrschte wohl schon vor 200 Jahren ein gewisser Existenzkampf. Ein Geburtseintrag vom 5. Juni 1806 nennt einen Johann Georg Fischer und dessen Ehefrau Anna Maria aus Böhmen, die als Steinwaarhändler umherzogen und ihre Waren feilboten. Im Jahr 1809 erscheint bei einem Geburtseintrag ein Kaspar Heil als Handelsmann mit steinernen Waaren. Im darauffolgenden Jahr werden Johann Georg Ziegler und Christoph Heil als Krüghändler aufgeführt. Auch aus den umliegenden Orten vertrieben Bauern sowie Fuhrleute, die sich ein Zubrot dazu verdienten, die hergestellten Waren. Heinrich Friedrich (1827) und Johann Leipold (1831) aus Silberhof zogen als Krughändler und Steinguthändler umher. Leider ist aus Oberbacher Sicht nicht bekannt, welches Gebiet die Händler bereisten. Einige Kinder von Christoph Ziegler, der als Händler fungierte, wurden im Raum Rhön-Grabfeld geboren.

Abb 10
Abb.10.: "Steinerne Woar-Händlerin" Krugbäckerwitwe Kurzelius

 

Das sogenannte Caßabuch des Kaspar Joseph Girz aus Oberbach, beginnend im Jahr 1871, nennt folgende SteingutwarenhändlerInnen: Johannes Friedrich, Thekla Leipold, Barbara Friedrich aus Silberhof; die Familien Hofmann und Jordan aus Reußendorf; Alexander Seller aus Oberweißenbrunn; Philipp Hahner aus Neustädtles, Jahr 1880; Eduard Friedel aus Sandberg, 1896 (6).

Eine Auflistung der Oberbacher Händler vervollständigte die Eintragungen. Ein interessanter Hinweis findet sich auf Seite 295: Auch an Markttagen in Oberbach wurde Geld zurückgezahlt. Hier rechneten die Krugbäcker mit ihren Händlern ab!

Ein trauriges Schicksal ereilte die Witwe Kurzelius aus Römershag. Aus der Zeit nach 1825 berichtet Kaspar Gartenhof Folgendes:

Zuletzt verhausierte die Kurzelius das wenige Geschirr, das sie noch brannte, indem sie es in ihrer Kötze von Haus zu Haus und von Dorf zu Dorf trug.

Gartenhof überliefert, Gerhard aus Römershag sei im Jahr 1819 ein sehr beschäftigter Mann gewesen. Im besagten Jahr brannte er 12.000 Krüge und produzierte Geschirr, das er auf allen Messen und Jahrmärkten feilbot.

Steingutfabrikant Kaspar Joseph Girz belegte einen hervorragenden dritten Platz mit seinen ausgestellten Waren auf der Bayerischen Gewerbe- und Kunstausstellung in Nürnberg im Jahr 1896 (11).


Mein Dank gilt den Verantwortlichen in den Archiven in Würzburg, Bad Brückenau und Oberleichtersbach, den Herren Egon Bott aus Abtsroda und Helmut Sapper aus Poppenhausen, Familie Willi und Angelika Hüther aus Oberbach, Frau Mathilde Knuchel für die schönen Zeichnungen, Herrn Karl Hahn für das gelungene Layout und Herrn Guido Sauer für das Korrekturlesen.


Quellenangaben:

  1. Staatsarchiv Würzburg, Amtsrechnung Brückenau Jahr 1751, Nr. 9267
  2. Stadtarchiv Bad Brückenau, Saale-Zeitung Nr. 291 v. 23.12.1877
  3. Stadtarchiv Bad Brückenau, Brückenauer Anzeiger Nr. 89 v 03.08.1907
  4. Staatsarchiv Würzburg, Rechnung II Motten Nr. 1 Jahrgang 1818
  5. Gemeindearchiv Oberleichtersbach, Intelligenzblatt 1819, Seiten 556-557, 926-927
  6. Privatbesitz der Familie Willi und Angelika Hüther, Wildflecken - Oberbach
  7. „Mutterbogen“ lose Blattsammlung Egon Bott, Abtsroda (09.03.2011)
  8. Kataster der Steuergemeinde Abtsroda im Besitz von Egon Bott
  9. Gemeindearchiv Abtsroda, Verordnungen vom 14.09.1843 (letzte Seite)
  10. Diözesanarchiv Würzburg, Verfilmte Kirchenbücher der Pfarrei Oberbach
    (Tauf-, Trau- und Sterbematrikel aus verschiedenen Jahrhunderten)
  11. Staatliche Bibliothek Regensburg, G87/45 loses Blatt, Gewerbekatalog anlässlich der
    Gewerbeausstellung 1896 in Nürnberg
  12. Gemeindearchiv Oberleichtersbach, Intelligenzblatt Jahr 1827
  13. Erklärung: Als Abtritt wurde die Toilette bezeichnet
  14.  Protokollbuch Armenpflegschaftsrath Abtsroda, Sieblos, Tränkhof
    (09.09.1835 - 13.01.1850) im Besitz von Egon Bott
  15. Staatsarchiv Würzburg, LRA Bad Brückenau, Baupläne 4157

Verwendete Literatur:

Albert, Reinhold, Chronik von Bischofsheim an der Rhön mit Haselbach und dem Kreuzberg, Hrsg. Stadt Bischofsheim, 2010

Gartenhof Kaspar, Bad Brückenau in Fuldischer Zeit (1747 – 1815) in; Mainfränkische Hefte 1956

Gartenhof Kaspar, Die Krugbäckerei in Römershag (Zur Geschichte einer untergegangenen Rhönindustrie), 1953

Kellermann Gerwin und Kömpel Walter; 475 Jahre Oberbach 1534 – 2009,

Hrsg. Marktgemeinde Wildflecken, 2009

Lob Reinhard E.: Die Wüstungen der bayerischen Rhön und des nordwestlichen Grabfeldes in Mainfränkische Studien 1

Zeichnungen: „Steinerne Woar Händlerin“ und „Thongräber“: Mathilde Knuchel, Schondra-Einraffshof


Layout nach Vorgabe des Autoren: Karl Hahn, Bad Brückenau


Probelesen: Guido Sauer, Bad Brückenau


Fotonachweise: Walter Kömpel, Oberbach


Copyright: Walter Kömpel, ehrenamtlicher Ortschronist, Wildflecken - Oberbach