Museumsbrief Nr. 23, 1/2015, Gneis - Gestein des Jahres 2015

Von: Heribert Kramm
auf 17 Januar 2015

Gneis - Gestein des Jahres 2015

Heribert Kramm - 2015

Gneis – Gestein des Jahres 2015 – in der Rhön nur für eifrige Sucher!

Gneis wurde vom Berufsverband Deutscher Geowissenschaftler (BDG) zum Gestein des Jahres 2015 erklärt. Da er als in großer Tiefe gebildetes Gestein an der Oberfläche der Rhön nicht ansteht, ist er schwer ausfindig zu machen. Doch man kann ihn finden, nicht allerorts und nicht in großen Stücken.

Gneis wurde 1923 an der Mohrenmühle in Bad Brückenau im Rahmen einer Tiefbohrung in 545 m unter der Oberfläche angetroffen (1). 1956 stieß in Dalherda eine Bohrung in 425 m auf Granit (2). Das Grundgebirge liegt unter dem Deckgebirge, das in der Rhön gewöhnlich aus der Schichtenfolge Keuper, Muschelkalk, Buntsandstein, Zechstein (Salz und Kupferschiefer) und  Rotliegend besteht. Wo das Gebirge durch Hebung der Erosion ausgesetzt war, tritt das Grundgebirge zu Tage. Im Nordwest-Spessart (3) steht es an der Oberfläche an, und im Richelsdorfer Gebirge (Kupferschieferabbau) bei Nentershausen kommt es der Oberfläche sehr nahe, in der Rhön ist es abgedeckt.

Abb. 1 Gneis Einschluss in
Abb.1: Gneis- Einschluss in Basaltgestein  Foto: Bu

 

Im Rahmen der variskischen Faltung im Oberkarbon, die durch Plattentektonik verursacht wurde, kam es zur Bildung eines Faltengebirges. Dadurch gelangten auch Gebirgsteile bis in den Erdmantel. Schon in den höheren „Stockwerken“ der Erdkruste gerieten die Gesteine durch die Tektonik unter so hohen gerichteten Druck, dass sie metamorph wurden. Definitionsgemäß blieben sie dabei jedoch noch in festem Zustand, es änderte sich aber bei gleichem Mineralbestand ihre Textur: das Gefüge wurde durch eine weitgehend parallele Anordnung der Minerale bestimmt, was dem Gneis das charakteristische streifige Aussehen gibt (Abb. Abtsröder Kuppe).

Die meisten Gneise sind zwar geologisch besonders alt, weshalb sie früher als „Urgesteine“ bezeichnet wurden. Das gilt aber nicht für alle, und die 3,8 Milliarden Jahre alten Grönlandgneise sind nur besonders alte Beispiele. Die Vorkommen in unseren Mittelgebirgen, wo sie Teile des Schwarzwalds, Odenwalds oder des Harzes bilden, sind dagegen überwiegend erst während der Variskischen Gebirgsbildung selbst entstanden. Die Gneise der skandinavischen Gebirge hatte das Inlandeis der letzten Eiszeit (Anm. 3) in die Norddeutsche Tiefebene gebracht. Als Findlinge bekannt, liefern sie wertvolle Werksteine für Baukörper und Skulpturen. Gut texturierte (Anm. 4) Gneise mit gefälligen Farbtönen und gut polierbar gehören zu den gesuchten, hochbewerteten Denkmalsteinen. Es lohnt sich an Friedhöfen unter dem Gesichtspunkt der Gesteinskunde umzuschauen. Neben Gneisen und Marmor bilden Granite und zahlreiche andere meist metamorphe Gesteine eine anspruchsvolle Klasse.

Abb. 2 Gneiseinschluss
Abb.2: Gneiseinschluss im Basalt der Abtsröder Kuppe. Repro aus (4)

 

Wer in der Rhön Gneise und ähnliche metamorphe Gesteinen des Grundgebirges sucht, wird bestimmt fündig an den Ziegenköpfen. In der Felswand des Großen Ziegenkopfes aus Phonolith und Trachyt (4) sind neben kleinen Feldspat-Kristallen, kopfgroße Fremdgesteinsbrocken, sogenannte Xenolithe, eingeschlossen, darunter Gneise und andere metamorphe Gesteine des Grundgebirges. Sie wurden durch die Eruption im Miozän aus dem Lager des Grundgebirges herausgebrochen und mit der Schmelze an die Oberfläche gefördert. Im Verwitterungsschutt am Hang können sie mit etwas Geduld und Kennerblick leicht entlang des Rhönklub-Wanderweges von Schackau über die Ziegenköpfe zur Milseburg gefunden werden. Eine Tafel des Naturparks Rhön weist am Stettenrain bei Schackau auf den Aufschluss eines Milseburg-Glutstromes hin. Auch hier können auf schwer zugänglichem Hang vereinzelt Auswürflinge metamorpher Gesteine gefunden werden.

Abb. 3 Textur eines Gneises
Abb.3: Textur eines Gneises aus dem Odenwald in mikroskopischer Auflösung.

Foto: Hessisches Landesamt für Geologie und Umwelt  / D. Nesbor 2014

 

Äera

Formation

Ablagerung

Beginn vor

Millionen Jahren

Erdneuzeit

Känozoikum

Quartär

Holozän

Pleistozän

            2,6

Tertiär

Pliozän

Miozän

Oligozän

Eozän

Paläozen

                 

  5

23

37,5

53

            66

Erdmittelalter

Mesozoikum

Kreide           145

Jura

Malm

Dogger

Lias

         

          201

Trias

Keuper

Muschelkalk

Buntsandstein

          252

Erdaltertum

Paläozoikum

Perm

Zechstein

Rotliegend

          299

Karbon

          359
Devon           419
Silur           443
Ordovizium           485
Kambrium           541
Erdfrühzeit / Erdurzeit         4800

 


Anmerkungen:

1. Druck von 4000 bis 6000 Bar bei ca. 600°C

2. Nicht mehr geläufige Formulierung statt „Grundgebirge“

3. Zwischen 2,6 Mill.  und 10.000 Jahren vor heute

4. In der Umgangssprache „strukturiert“


Literatur:

Reis, O.M.: Erläuterungen zur geologischen Karte von Bayern, Blatt Brückenau Geroda. München 1923 (1)

Trusheim, Ferdinand: Über den Untergrund Frankens, Geologica Bavarica, München 1964, S. 78. (2)

Lorenz, Joachim: Spessartgesteine. Aschaffenburg 2010    (3)

Flick, Heiner: Geotope im Land der offenen Fernen. Hessische Rhön. S. 146. Wiesbaden 2013    (4)


Verfasser:

Heribert Kramm, Finkenberg 2, 36041 Fulda, Mittelrode


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